Was denken Sie, wenn das Sie das Wort STRESS lesen?
Stress macht krank und depressiv, oder?
Kelly McGonigal hielt Stress wie die meisten Wissenschaftler als Verursacher für Krankheit wie Depression und Herzprobleme und warnte daher ihre Klienten davor, sich möglichst wenig Stress auszusetzen. Stress wurde jahrzehntelang als Feind tituliert, den es zu bekämpfen galt, es wurde geradezu ein Kreuzzug gegen Stress geführt.
Als sich McGonigal begann, sich weit tiefer in die Literatur und vor allem hunderte aktuelle Studien einzuarbeiten, fand sie wenig von dem zerstörerischen, das sie erwartete.
Wenn ich zurück denke, Vera F. Birkenbihl hatte in ihrem Klassiker „Freude durch Stress“ schon 1980 ähnliches angedacht wie das was hier als Glück durch Stress gezeigt wird. Spannend.
Gesund und Glück durch Stress
Studie 1: Stresserwartung
In einer der Studien wurden die Versuchspersonen in zwei Gruppen geteilt:
- Gruppe 1 bekam ein Video zu sehen, in dem erklärt wurde, wie hilfreich Stress sei und wie wunderbar es die Performance antreiben würde. Darüber würde vermehrter Stress zu mehr Glücksgefühlen führen (es erhöht den Dopaminspiegel).
- Der Gruppe 2 zeigte man ein Video, in dem die üblichen Schäden durch stressige Situationen und deren verheerende Auswirkungen geschildert wurden.
Ergebnis:
Die Gruppe 1 (die nunmehr von positiven Wirkungen des Stresses ausgingen) zeigten tatsächlich im folgenden Vorstellungsgespräch eine weit bessere Performance. Zudem konnten im Körper andere chemische Reaktionen gemessen werden: der DHEA Spiegel stieg an. DHEA ist ein Gegenspieler zum schädlichen Stresshormon Cortisol und Adrenalin und ist unter anderem dem Gehirnwachstum und der Wundheilung zuträglich.
Ein erhöhter DHEA Spiegel wird zudem mit stärkerem Fokus, weniger Dissoziation und weniger posttraumatischem Stress in Verbindung gebracht. Insofern ein weiters Indiz dafür, dass Glück durch Stress nicht nur eine Plattitüde ist, sondern sich tatsächlich physiologisch im Körper nachmessen lässt. Psycho-Somatik im besten Sinne des Wortes.
Positive Erwartung => positive Realität
Darüber hinaus konnte bei den positiv denkenden Probanden ein höherer Oxytocin-Spiegel gemessen werden: das ist das Bindungshormon, welches unter anderem gut für die Herzdurchblutung und des Herz Kreislaufsystems generell ist.
Bei beiden Gruppen führte die erhöhte Anspannung durch das stressige Vorstellungsgespräch zu erhöhten, Stresshormonspiegel (Adrenalin und Cortisol), jedoch wurden die Positiv Denker belohnt mit den förderlichen Fegenspielern, die die negativen Wirkungen der Stresshormone milderten oder gar ausschalten konnten.
Die große Erkenntnis daraus ist es, dass die Angst vor dem negativen Auswirkungen des Stress erst recht zu den negativen Konsequenzen führt. Dies könnte man mit dem Konzept der sich selbst erfüllenden Prophezeiung verbinden.
Studie 2: Arbeit macht gesund (wenn erwartet)
In einer weiteren Studie wurden Reinigungskräfte in zwei Gruppen geteilt.
- Gruppe 1 wurde gesagt, wie gesund das alltägliche Arbeit für ihren Körper sei und dass dies wie ein Fitness Workout auf den Körper wirken würde und sehr gut für die Gesundheit sei.
- Gruppe 2 bekamen einen allgemeinen Vortrag über gesundes Leben.
Nach einiger Zeit wurden die Gesundheitswerte ein zweites Mal erhoben: Sie ahnen es, die Gruppe 1 war tatsächlich in ihren Gesundheitswerten um oft bis zu 50% besser geworden. Alleine die IDEE davon, dass all der körperliche Stress sie gesünder machen würde… führte zu eben dieser Realität.
Kelly McGonigal ist für mich (ebenso wie ihre Schwester Jane McGonigal) eine grandiose Wissenschafts-Kommunikatorin und es ist ein GENUSS, ihre Studien zu lesen und ihr zuzuhören.
Unbedingter Lesetipp für alle die Glück durch Stress erfahren wollen 🙂
McGonigal, Kelly (2018) Glücksfaktor Stress: Warum Stress uns erfolgreich und gesund macht. Trias Verlag.
Seit 2000 befasst sich Andreas K. Giermaier MSc. BSc. wissenschaftlich mit gehirn-gerechten Strategien für Erfolg beim Lernen, im Business und in der Psychologie.
Mit seinem damals zusammen mit Vera F. Birkenbihl gegründeten Online-Coaching-Magazin, dem Blog „Lernen der Zukunft“ erreicht er heute hunderttausende Leser, über seinen YouTube Kanal mittlerweile Millionen.
Dadurch wurde er zum gefragten Guide durch den Dschungel des Wissens. In seiner Gesprächsreihe zum „Gelingenden Leben“ interviewt er zudem regelmäßig namhafte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und vor allem Wissenschaft.
Kelly McGonigal beruft sich auf Studien, die zeigen, dass Selbstwirksamkeitsüberzeugung bzw. eine positive Einstellung eine wirksame Anti-Stress-Strategie darstellen. In keinster Weise ist damit aber gezeigt, dass Stress positiv wäre oder gar eine Art Schlüssel zum Glück.
In der von McGonigal gerne zitzierten „Wisconsin-Studie“ (Health Psychol. 2012 September ; 31(5): 677–684) zeigt sich, dass der Glaube an einen negativen Zusammenhang von Stress und Gesundheit die Lebenserwartung reduziert. Abgesehen von schwerwiegenden methodischen Schwächen in dieser Analyse ist der Umkehrschluss nicht belegt.