Warum wir schenken – Neue Studien zur Psychologie des Schenkens

Neue Studien zur Psychologie des Schenkens

3 wissenschaftliche Erkenntnisse zum Besser Schenken

  • Es geht nicht um den Geldwert. Geschenke stärken vor allem Beziehungen und bringen Menschen zueinander.

    Francis Flynn & Gabrielle Adams von der Stanford University haben dazu die folgende Studie durchgeführt:

Die TN sollten sich vorstellen, in welchem Maß der Beschenkte sich freuen würde, wenn das Geschenk eine CD oder ein iPod darstellt. Die meisten erachteten den iPod als hochwertiger und somit besser.
In einer zweiten Runde wurden die Probanden gebeten sich in den Beschenkten zu versetzen. Und dann erachteten sie sie iPod und CD für gleichwertig. Es wurden noch eine Reihe weiterer Experimente durchgeführt und alle bestätigten: Der Preis spielt für den Empfänger nur eine untergeordnete Rolle.
  • Es ist besser, wenn ein Präsent etwas über den Absender preisgibt, als wenn es auf den Empfänger abgestimmt ist.

  • Lara Aknin und ihre Kollegen baten 117 Freiwillige ins Labor.
Die Hälfte der Teilnehmer sollte einem Gegenüber einen Song von iTunes schenken, das zu demjenigen passte.
Die andere Hälfte hatten die Aufgabe, den Song zu verschenken, der ihnen selbst am besten gefällt. (Präsentierte Selbstoffenbarung)
Die Songs beider Gruppen wurden tatsächlich ausgeliefert und die Beschenkten sollten einen  Internetfragebogen ausfüllen:
Wie sehr freuen Sie sich darüber,
wie gut passt der Song zu ihnen
wie beurteilen Sie die Beziehung zum Schenkenden
wie nah fühlen sie sich ihm nun?
Die Beschenkten bewerteten die Beziehung positiver und fühlten sich dem Schenkenden, wenn das Geschenk dessen Musikgeschmack gewesen war.
  • Am Geschenk feststellen, wie lange die Beziehung hält: Männer & Frauen:

Ming-Hui Huang und Shihti Yu National Chung Cheng University (Taiwan) befragten 225 junge Erwachsene, was sie ihrem Partner in ihrer aktuellen oder letzten Beziehung geschenkt hatten.
Demnach blieben Männern und Frauen länger in einer Beziehung, wenn sie vom Partner etwas erhalten hatten, was ihre Beziehung für die Außenwelt sichtbar machte, beispielsweise dieselben Uhren oder Pullover im Partnerlook. Bei Männern, die ihre Liebe mit Blumen oder anderen Kleinigkeiten ausdrückten, hielt die Beziehung dagegen sogar kürzer! (vgl. G&G, 01/2017. S. 34)

Warum schenken wir eigentlich?

Der Brauch zum Schenken ist in praktisch allen Kulturen wieder zu finden: Mithilfe von Geschenken knüpfen, pflegen und vertiefen wir unsere Beziehungen mit anderen.

Kanadische Wissenschaftler um die Psychologin Elisabeth Dunn (University of British Columbia) fanden heraus, dass wenn ein falsches ungeliebtes Geschenk an den Partner verschenkt wird, dies ein Gefühl des „Wir sind uns unähnlich“ auslöst. Und Unähnlichkeit zu Distanz und folglich zu Krise führen kann, insbesondere bei den männlichen Probanden zeigte sich dieser Effekt stark.

Ganz simpel geantwortet: Wir schenken, weil wir müssen. Die klassischen Schenktheorien besagen, dass es unter Freunden und Verwandten einfach erwartet wird. Noch dazu gibt es die soziale Verpflichtung, ein Geschenk auch anzunehmen. Wenn Sie das nicht tun, gerät die Beziehung zum Schenker sofort ins Wanken.

Es geht um einen ganz einfachen Gedanken: Wer schenkt, kommuniziert. Er stellt eine Aussage in den Raum, und der Beschenkte muss darauf irgendwie reagieren. Im Unterschied zum Gespräch haben wir es aber nicht mit einem Wort zu tun, sondern mit einem Gegenstand. Dadurch lässt sich die Kommunikation nicht so leicht ignorieren. Holger Schwaiger

psychologie des schenkens2017Der Sinn des Gebens – Selbstlosigkeit vs. Ego

Stefan Klein belegt in seinem Werk zum Sinn des Gebens, wie die aktuelle Forschung die Großzügingen eindeutig als die Glücklicheren zeigt:

Entgegen unserem Alltagsglauben schneiden Egoisten nämlich nur kurzfristig besser ab. Auf längere Sicht haben diejenigen Menschen Erfolg, die sich um das Wohl anderer bemühen.
Denn nicht nur Wettbewerb, sondern auch Kooperation ist eine Triebkraft der Evolution. Ein Sinn für Gut und Böse ist uns angeboren.

Was macht ein gutes Geschenk aus?

Ist ein teures Geschenk denn besser als ein preisgünstiges? Die Wissenschaft sagt eindeutig NEIN! Francis Flynn und Gabriele Adams von der US-Universität in Standford untersuchten dies in einer Vielzahl an Experimenten, bei denen untersucht wurde inwiefern sich der Preis eines Geschenks auf die Freude der Beschenkten auswirkte. Egal ob CD oder iPod, die Freude der Beschenkten veränderte sich weder nach oben noch nach unten.

Was vielmehr zählte, war das individuelle Eingehen auf die Wünsche des Empfängers. Die Achtsamkeit die in die Auswahl des Geschenkten gelegt worden war.

In zufällig zusammen gestellten Paaren sollte erstmal eine Wunschliste mit 10 Produkten bei amazon zusammen gestellt werden. Diese wurde dann an den Partner gesandt mit der Anleitung, sie könnten entweder ein Geschenk aus der amazon-Liste auswählen oder sich ein gleich teures bei amazon aussuchen. Ergebnis war eindeutig: Die Beschenkten freuten sic um ein Vielfaches mehr über die vorausgesuchten Wünsche ihrer Wunschliste als über die Geschenke die die „Schenker“ ausgesucht hatten. Zudem betrachteten sie ein Wunschgeschenk als Ausdruck besonderer Mühe und Aufmerksamkeit.

Sünde heißt, sich nicht beschenken zu lassen!
Sünde heißt, sein Herz nicht zu öffnen!

Ebelhard Jüngel

Sind Geldgeschenke schlecht und zählt „der Gute Wille“?

Was für viele von Ihnen möglicherweise verwunderlich sen mag: Bargeld kam noch besser an als Geschenke aus der Wunschliste!
Yan Zhang von der National University in Singapur und Nicholas Epley von der University in Chicago untersuchten in diversen Experimenten ob es denn wirklich nur um den „guten Willen“ ankommt, um die Freude nach oben zu treiben. Ergebnis: Nein, guter Wille allein reicht lange nicht. Wenn etwas NICHT gefällt freut man sich auch nicht (ehrlich) drüber, spielt dies bestenfalls vor.  Nur bei uns näher stehenden hatte er einen positiven Effekt:

Die beiden Studienleiter vertreten die These, uns animieren unvorhergesehene Ereignisse besonders dazu, uns in adere hinein zu versetzen. Gibt uns bspw. ein guter Freund ein „gutes“ Geschenk, so entspricht das unseren Erwartungen. Schenkt er uns jedoch etwas „überraschend“ unpassendes, wundern uns, beginnen über seine Absichten nachzugrübeln. Sie unterstellen damit in jedem Falle „zumindest hat er es gut gemeint“.

Wichtiger als der Wert des Geschenkes ist, dass der Beschenkte sich wirklich darüber freut. Holger Schwaiger

Die 3 größten Fallen beim Geschenkekauf

  1. Wir neigen dazu, Menschen zu kategorisieren und darauf hin wählen wir dann Geschenke die für diese Zielgruppe unserer Meinung nach passen würden: So werden Männer eben dieser Kategorie zugeordnet (und mit technischen Spielereien, Werkzeug oder gar Krawatte/Socken beglückt). Zugehörige des weiblichen Geschlechts fallen in die Kategorie „Frauen“, bekommen dadurch weit häufiger Kosmetika, Parfums … Jüngere eher Spielzeug, der Oma die Schachtel Pralinen…
  2. Wir nehmen an dass das was wir mögen, auch alle anderen mögen müssen. Wir projizieren unsere Wünsche auf andere. Doch dies ist häufig nicht der Fall und somit bekommt der Beschenkte dann das, was man sich selbst hätte schenken wollen.
  3. Zeitnot ist eine Garantie für die falsche Geschenkewahl! Das spontane Zugreifen (weil eh nichts mehr andres da ist) verführt uns häufig zu nicht optimalen Kaufentscheidungen.

Quellen

Studien:

  • Dunn, E. W. et al.: The Gift of Similarity: How Good and Bad Gifts Influence Relationships. In: Social Cognition 26, S. 469-481, 2008
  • Flynn, F. J., Adams, G. S.: Money Can’t Buy Love: Asymmetric Beliefs About Gift Price and Feelings of Appreciation. In: Journal of Experimental Social Psychology 45, S. 404-409, 2009
  • Gino, F., Flynn, F. J.: Give Them What They Want: The Benefits of Explicitness in Gift Exchange. In: Journal of Experimental Social Psychology 47, S. 915-922, 2011
  • Zhang, Y., Epley, N.: Exaggerated, Mispredicted, and Misplaced: When „It’s the Thought That Counts“ in Gift Exchanges. In: Journal of Experimental Psychology 141, S. 667-681, 2012

1 Gedanke zu „Warum wir schenken – Neue Studien zur Psychologie des Schenkens“

  1. Hallo Andreas,

    vielen Dank für den interessanten Bericht.
    Es stimmt in der Tat, dass Schenken erheblichen Stress verursacht – insbesondere dann, wenn der Anlass „einmalig“ ist, wie etwa zur Hochzeit oder zu einem runden Jubiläum.

    Eine sehr einfache Lösung, aber bisher noch nicht in die wissenschaftlichen Auswertungen mit einbezogen, sind virtuelle Geschenketische.

    Dort werden Wünsche geäußert, ganz unverbindlich und nicht direkt an eine bestimmte Person gerichtet. Jeder Gast kann sich dort ganz nach seinem Budget das richtige Geschenk aussuchen.

    Mit den virtuellen Geschenktischen werden Enttäuschungen vermieden, denn ein „echter Wunsch“ wird geschenkt. Mit dem beigefügten Link ist das Geschenk auch einfach zu beziehen – meistens online.

    Online-Geschenktische, auch als virtuelle Wunschlisten bezeichnet, sind eine so einfache, aber geniale Idee, um wirklich alle beim Schenken rundum glücklich zu machen 🙂

    Viele Grüße
    Tanja vom Wumando-Team

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