Selbstsabotage
Wenn Sie sich ein Ziel setzen, gehen Sie wohl auch davon aus, dass Sie es a) erreichen WOLLEN und b) erreichen KÖNNEN. Doch bei beiden Aspekten könnte die Selbstsabotage dazwischen funken. Das Ziel dieses Artikels ist es eindeutig, zu zeigen, wie Sie Psychologische Denkfallen entlarven und überwinden 🙂
Tu das und du bist glücklich – Soziale Erwünschtheit
Wir werden fortwährend mit Botschaften aus unserer Umwelt beschallt, wie wir denn zu sein hätten oder was wir wollen sollen.
Und wenn wir dies penetrant erleben, ist die Chence gut, dass wir es irgendwann tatsächlich auch glauben. Wenn Sie bspw. andauernd Fitness fanatische YouTuber verfolgen, die nur darüber sprechen, wie wichtig der knackige Hintern oder der straffe Bauch wäre, werden Sie sich früher oder später dabei ertappen, ein ähnliches Ziel anzustreben.
Sind Sie disziplinlos?
Wenn Sie das Ziel dann gefasst haben, ist es Ihnen auch schon so ergangen, dass dann PLÖTZLICH ganz andere Prioritäten auftreten? Na klar wollen wir das gesunde Bio-Gemüse zubereiten, aber grad HEUTE bin ich so eingespannt und die offensichtlich weniger gesunde Pizzaschnitte gewinnt. Am nächsten Tag ist es vielleicht der zu teure Preis oder das schlechte Wetter, sodass MAN keinen Sport machen kann… Sie erkennen das Muster?
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe
Albert Camus (1913-1960) , Philosoph
In diesem Fall war es wohl die Soziale Erwünschtheit, eine Idee von einer äußeren Instanz, die wir zu unserer gemacht haben und nie wirklich den tiefen inneren Drang dazu gehabt hatten, dies für uns zu tun.
Dies kostet immens an Kraft (und Lebensfreude plus Lebenszeit ), denn so haben Sie einerseits andauernd ein schlechtes Gewissen, dass Sie sich offenbar nicht disziplinieren können und andererseits bilden Sie dadurch auch noch ein Selbstbild des „ich bin nicht diszipliniert“ oder „ich bekomm nie was hin“… was am Ende ein Teufelskreis werden könnte, da das eine das nächste noch mehr verstärkt…
Self Handicapping
Beim Self-Handicapping kreiert man sich aktiv erschwerende Bedingungen, die die Erreichung eines zuvor gesetzten Ziels weniger wahrscheinlich machen.
Warum machen wir sowas? Wenn wir scheitern, sind nicht wir Schuld, sondern wir schieben die Verantwortung auf das (selbst installierte) Handicap – der Selbstwert bleibt unangetastet.
Vielleicht schlafen Sie zuwenig oder lernen einfach weniger als möglich wäre, denn dann können Sie immer sagen, dass WENN Sie denn dies oder jenes getan HÄTTEN oder jemand Ihnen diese oder jene Möglichkeit gegeben HÄTTE, ja DANN WÄRE alles jetzt gut.
All die Eventualitäten, Konjunktive, und vor allem das Abschieben der Verantwortung auf Umstände im Außen, all das ist Teil dieser psychologischen Denkfalle.
Wenn Sie sich somit immer nur der kleinst mögliche Variante einer Herausforderung stellen (bspw bei einem Test oder auch im „realen“ Leben, beim nächsten Rendezvous oder im Sport (da ist es offensichtlich), werden Sie zwangsläufig unter dem Möglichen bleiben (underachiever). Und das definiert dann auch wieder den Selbstwert und Selbstzweifel, was wieder zur Angst vor dem Versagen führen kann und dann noch mehr auf den mangelnden Selbstwert einzahlt. Ein Teufelskreis.
Magie und Muster
Glücksbringer?
Die Glücksunterwäsche. Ja, tatsächlich so etwas gibt es. Kürzlich habe ich ein Interview mit einem sehr bekannten Musiker gehört, der davon erzählte, dass er seinen ersten richtig großen Auftritt in einer Samstag Abend TV-Show mit einer spezifischen Unterwäsche verbindet. Damals hatte er diese spezielle Disney Unterwäsche getragen und diese brächte ihm offenbar Glück. Von da an trägt er bei all den wichtigen großen Auftritten just diese.
Was ist nun diese Zauberkraft der Disney Unterwäsche? Einmal ist es vielleicht ein emotionaler Anker, der ihm die guten, kraftvollen Erinnerungen wieder vor Augen führt und so das Gefühl von damals geweckt wird. Doch dann kommt noch die magische Komponente dazu… ein Fall der Übernatürlichkeitsillusion. Dabei wirkt unter anderem auch das Ambivalenzprinzip
- Immer wenn ich X gemacht habe, ist danach Y passiert.
- Fälle, in denen ich Z gemacht habe, gibt es nicht.
- Wir können also nicht wissen, ob vielleicht Y genauso auch auf Z folgen könnte, und X gar keine Voraussetzung für Y ist.
- Hinzu kommt: Selbst wenn auf X einmal nicht Y folgt, wird das übersehen oder großzügig interpretiert – es war zwar nicht genau Y, aber so ähnlich, das Ambivalenzprinzip macht es möglich.
Faszinierend oder?
Zudem ist unser Gehirn stets danach aus, Muster zu entdecken. Der bekannte Hirnforscher Prof. Dr, Manfred Spitzer bezeichnete unser Gehirn einmal als Mustererkennungsmaschine.
Mustersuche
Doch manchmal findet das Gehirn eben auch Muster dort, wo es eigentlich gar keine kausalen Zusammenhänge gibt!
Der Muster-Bias beschreibt die Tendenz, Muster zu erkennen, wo keine sind. Menschen neigen dazu, zufällig aufeinanderfolgende Ereignisse als ein Gesamtphänomen zu interpretieren, obwohl es sich eigentlich um unabhängig voneinander auftretende Einzelfälle handelt.
Überzeugung: Menschen, die zu viel arbeiten, brechen irgendwann zusammen.
Beobachtung: Frau Meier hatte einen Nervenzusammenbruch.
Umkehrschluss: Also muss Frau Meier zu hart gearbeitet haben.
Die nahe liegende Lösung: Wir müssen Frau Meier weniger Arbeit geben.
Mit diesem auch als Umkehrschluss-Bias bezeichneten Denkfehler beende ich diesen klitzekleinen Einblick in die Welt unserer tagtäglichen Herausforderungen des Gehirns. Denn auch wenn wir mehr als dankbar sein sollten und auch können für dieses Wunderwerk, das wir allzu oft nur spazieren tragen anstatt es adäquat zu benutzen, erweist es sich als sehr fehleranfällig.
Insofern, insbesondere wenn Ihnen das Gehirn wieder mal vormachen will, die Welt habe sich gegen Sie verschworen, bezweifeln Sie Ihre Gedanken. Es ist vermutlich bloß eine Aneinanderreihung an Fehlinterpretationen. 🙂
Lesetipp & Quellen
Diefenbach, Sarah (2019) Wieso zwei halbe Stück Kuchen dicker machen als ein ganzes: Psychologische Denkfallen entlarven und überwinden
Seit 2000 befasst sich Andreas K. Giermaier MSc. BSc. wissenschaftlich mit gehirn-gerechten Strategien für Erfolg beim Lernen, im Business und in der Psychologie.
Mit seinem damals zusammen mit Vera F. Birkenbihl gegründeten Online-Coaching-Magazin, dem Blog „Lernen der Zukunft“ erreicht er heute hunderttausende Leser, über seinen YouTube Kanal mittlerweile Millionen.
Dadurch wurde er zum gefragten Guide durch den Dschungel des Wissens. In seiner Gesprächsreihe zum „Gelingenden Leben“ interviewt er zudem regelmäßig namhafte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und vor allem Wissenschaft.