Infotainment gehirn-gerecht – Wie man populärwissenschaftlich erklärt
Jeden einzelnen Tag vervielfacht sich das Wissen auf unserem Planeten. Mehr und noch mehr gibt es zu lernen. Doch häufig steht man als Experte vor dem Problem, die wichtigen Erkenntnisse so zu erklären dass diese dann von NICHT-Experten (häufig auch Geldgeber; vgl Pitch), einfach verstanden werden und der SINN dahinter erkenntlich wird. Dies gilt für Trainer Coaches (Corporate) Blogger… im Prinzip für alle die erfolgreich Wissen weitergeben wollen.
So genannte „populärwissenschaftliche“ Literatur versteht sich häufig als „Erklärer für den interessierten Laien„. Vera F. Birkenbihl hatte dies in ihren Methoden des gehirn-gerechten Aufarbeitens systematisiert.
Einer der sich von Berufswegen mit dem Aufbereiten häufig komplexer oder „trocken“anmutender Information befasst ist Carsten Könneker. Er leitet unter anderem die Redaktionen von Spektrum der Wissenschaft (inklusive des Onlineportals) und die eines meiner liebsten Magazine – Gehirn und Geist.
Und da dachte ich mir, frei nach dem Motto von LernenDerZukunft.com „von den besten Experten lernen“ hole ich mir von ihm Anleitungen, wie man vorgehen kann.
Dabei beziehe ich mich auf seinen Ratgeber „Wissenschaft kommunizieren“
Wenn Sie sich an Die 10 besten Strategien: Pimp my Webtext erinnern, dann haben Sie schon eine gute Grundlage. Bevor Sie sich ans eigentliche Verfassen Ihres Textes machen, beantworten Sie folgende Fragen:
Fünf W Fragen
- Wer soll den Text verstehen können (Wer ist meine Zielgruppe)
- Was? Worum geht es inhaltlich, welche Botschaft, welches Thema möchte ich vermitteln
- Wozu? Welche Wirkung möchte ich auslösen?
- Wo? Für welches Medium schreibe ich? Video-Vortrag, Fachartikel oder ein Boulevardzeitungsartikel?
- Wie gehe ich dabei vor und wie ist meine Haltung währenddessen?
Die Quintessenz finden
Könneker bezeichnet dies als den Küchenzuruf:
Er beschreibt ein altes Pärchen. Der Ehemann liest in der Zeitung und ruft danach zu seiner Frau in die Küche:
„Stell Dir vor – die neue Grippe breitet sich auch in Deutschland weiter aus. Aber die Ärzte sagen, es besteht kein Grund zur Panik“
Eben das ist die Quintessenz des vielleicht fünfseitigen Artikels den er in dem Zeitungsartikel vorgefunden hatte.
Texten für die Überflieger
Stellen Sie sich vor, Sie haben nur begrenzte Zeitressourcen, wollen aber alle essenziellen Infos aus dem Beitrag haben. Wie gehen Sie vor?
Viele entschieden sich dafür, über den Text zu „fliegen“, sie „skimmen“ ihn, lesen dabei vielleicht die ersten Sätze, die Zwischenüberschriften und die Zusammenfassung am Ende.
Und genau darauf müssen wir als Autoren schon im vorneherein Rücksicht nehmen:
- Zwischenüberschriften sind von immenser Bedeutung,
- Kleintexte (hervorgehoben) geben zusätzlichen Einblick in die Kernbotschaften des Themas.
Ent-Schachteln Sie Ihre Texte
Parsing nennen Sprachwissenschaftler das vorausschauende Analysieren von grammatikalischen Satzstrukturen. Einfach formuliert: Vermeiden Sie verschachtelte Sätze, sie behindern den Lesefluss und strengen das Gehirn übermäßig an. Achten Sie darauf, in einen Satz nur einen Gedanken zu packen. Eine kognitive Überlastung droht („cognitive overload„)
Und: Verzichten Sie auf (nutzlose) Füllwörter (übrigens, typischerweise, eigentlich, natürlich, möglicherweise…)
Simplify: Pro Satz nur EIN Gedanke.
Kurz und knackig. In der Formulierung und Länge der Sätze, zudem aber auch in der Wahl der Wörter. Wenn Sie zu hochtrabende Worte verwenden, verlieren Sie am Weg viele Ihrer Leser. Nutzen Sie dafür bspw. ein Synonym-Wörterbuch, in dem Sie „Ersatzwörter“ finden können, wenn Sie selbst kein besseres zur Hand haben sollten.
Die Struktur des populärwissenschaftlichen Artikels
Fesselnder Einstieg
Sie können ein dramatisches Fallbeispiel schildern, provokante (und spannende) Fragen in dem Raum stellen (vgl Birkenbihls Wissens Quiz Spiele!). Es gilt jedenfalls, den Geist des Lesers durch Neugierde zu öffnen und es ihm unmöglich machen, nicht weiter lesen zu WOLLEN 🙂 Empfohlen werden ein bis maximal fünf Absätze.
Das Portal – die Türe zum Wissen öffnen
In diesem Absatz geben Sie den oben erwähnten Küchenzuruf, sie liefern eine Art Mini Zusammenfassung (häufig auch als Abstract bezeichnet), der zwar die wichtigen Punkte verrät, aber noch haufenweise Raum für spannende Detailergebnisse offen lässt!
Der Kernartikel
Nun geht es ans Eingemachte: Möglichst gut strukturiert erklären Sie hier bspw. anhand von Analogien, möglichst anknüpfend an das Vorwissen Ihrer Leser, worum es geht. Sie zitieren Experten, veranschaulichen alleine schon durch Ihre Wortwahl und den aktiven Einsatz von Metaphern und Vergleichen. Bleiben Sie linear im inhaltlichen Fluss, Nebengedanken können und sollten Sie separate Infoboxen auslagern und eventuell am Rand oder oben/unten auf der Seite platzieren.
Der Ausstieg
In ein bis zwei Absätzen ziehen Sie nochmals das Wichtige zusammen, beispielsweise über ein Fallbeispiel (vgl. Storytelling – Gehirn-gerecht begeistern mit Geschichten erzählen) oder Sie verweisen auf den Anfang (sollten Sie eine Art Rahmenhandlung eingebaut haben.. wenn Sie bspw. von einem Kollegen berichten, der diese oder jene dramatischen Probleme mit sich herum schleppt… im Hauptteil wird dann die neue Methode des Lösens jener Problematik erklärt, und am Ende überdies die nun gelöste Situation des nun glücklichen Menschen berichtet 🙂 )
Alternativ könnten Sie hierbei appellieren oder generell Ihre persönlichen Meinung kund tun („Ihren Senf dazugeben“)
Ihr Beitrag zählt!
„The world needs that special gift that only you have.“ Marie Forleo
Zugegeben: dies sind allesamt Hinweise, Anregungen für einen möglichen idealtypischen Aufbau und eine Struktur populärwissenschaftlicher Texte. Doch häufig ist es sinnvoll, sich an vorgegebene Strukturen zu halten, vor allem zu Beginn. Mit der Erfahrung werden Sie sich auch mehr und mehr zutrauen und sich vertrauen, all das was sich Ihnen da als Herausforderung in den Weg zu stellen scheint, als Möglichkeit zum eigenen Wachstum und dem Wachstum Ihrer Leser und Zuhörer um zu definieren 🙂 Legen sie los! Freu mich auf Rückmeldungen Ihrerseits!
Mehr dazu:
- Könneker, Carsten: „Wissenschaft kommunizieren: Ein Handbuch mit vielen praktischen Beispielen„, Wiley-VCH, 2012
- Storytelling – Gehirn-gerecht begeistern mit Geschichten erzählen
- Die 10 besten Strategien: Pimp my Webtext
Diesen Artikel widme ich auch der Blogparade: Content-Marketing und Corporate Blogs 2015, denn gerade im Business ist es essenziell, verstanden zu werden…
sonst vergrault man seine Kunden schneller als geglaubt 😉
Seit 2000 befasst sich Andreas K. Giermaier MSc. BSc. wissenschaftlich mit gehirn-gerechten Strategien für Erfolg beim Lernen, im Business und in der Psychologie.
Mit seinem damals zusammen mit Vera F. Birkenbihl gegründeten Online-Coaching-Magazin, dem Blog „Lernen der Zukunft“ erreicht er heute hunderttausende Leser, über seinen YouTube Kanal mittlerweile Millionen.
Dadurch wurde er zum gefragten Guide durch den Dschungel des Wissens. In seiner Gesprächsreihe zum „Gelingenden Leben“ interviewt er zudem regelmäßig namhafte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und vor allem Wissenschaft.