Corona und wir – wie geht es weiter?

Alles anders, oder?

Schon seit Anfang des Jahres konnten wir live mitverfolgen, wie sich diese Seuche in dieser den meisten bis dahin unbekannten chinesischen Provinz Wuhan ausgebreitet hat. Doch Wuhan? Das ist weit weit weg.

Wenn wir aber dann in unseren Kleiderkasten, Wohnzimmerelektronik oder gar.. Sie ahnen es, unser Smartphone blicken würden, könnten wir erkennen, dass China vielleicht doch nicht sooo weit weg ist. Zudem durften wir mehr denn je Touristen aus dem asiatischen Sprachraum bei uns begrüßen, zu Millionen eroberten sie unsere Innenstädte, buchten oftmals Urlaube mit Rundreisen, die in einer Geschwindigkeit durch Europa fegten, unvorstellbar für den durchschnittlichen Mitteleuropäer. 1 Tag Wien, 1 Tag Salzburg, weiter nach Innsbruck dann nach Italien etc etc.

Zukunft nach corona
Neue Wertschätzung nach Corona?

Neue Namen und Experten

So war es dann doch nicht verwunderlich, dass es der Virus, dessen Name mittlerweile SARS-CoV-2 (Abk. für englisch severe acute respiratory syndrome coronavirus 2, deutsch Schweres-akutes-Atemwegssyndrom-Coronavirus 2) getauft wurde, den europäischen Kontinent erreicht hat.

Seit Mitte März sind wir Deutschsprachige alle mehr oder weniger unter Quarantäne oder zumindest mit Ausgangssperren, Kontaktverboten oder ähnlichen Beschränkungen zuhause fest gesetzt worden. Da habe ich mich schon entschieden, ich will HELFEN durch die Krise zu kommen. Daer gibt es jetzt schon eine Reihe an Videos und Interviews mit Experten aus den verschiedensten Bereichen mit Hilfestellungen, diese Zeit bestmöglich zu meistern [ YouTube-Kanal ]

Neue Regeln

Keine Arbeit, Kinder zuhause, die Wirtschaft steht. In der Hoffnung, dass das, was diese vorher als NERDS bezeichneten Virologen wohl so richtig wäre. Auch da gibt es dramatische Auseinandersetzungen, Drosten, Streeck, Kekulé uvm. Podcasts wurden plötzlich zum alltäglichen „Update“ was denn nun alles erlaubt oder eben verboten sei. Und Fragen wie „werden wir jetzt allesamt sterben“ wurden zumindest ansatzweise erläutert.

Persönlich erachte ich es am spannendsten in solch extremen Situationen die Reaktionen der unterschiedlichen Charaktere zu beobachten und mitzuverfolgen. Nicht nur bei den bekannten Trainern und Speakern war dies zum Teil erschreckend, was da so verlautbart wurde.

Kluge Denker über Corona

Doch auch viele der Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalisten, Kolumnisten etc. taten ihrer Meinung Kund. Allen voran hatte mich Matthias HORX (seines Zeichens Zukunftsforscher) mit seinem Versuch einer Regnose positiv berührt. anstatt nach vorne zu blicken, nimmt er den Blick aus der Zukunft zurück auf die Gegenwart ein.

Matthias Horx – Die Welt nach Corona

Für ihn erweist sich das Virus als Entwicklungsbeschleuninger großen Ausmaßes. Nachdem wir in diesem Jahrtausend bisher das Loblied auf die Technik und Künstliche Intelligenz gesungen hatten, verortet Matthias Horx nun die Rückbesinnung auf das allzu Menschliche

Nicht so sehr die Technik, sondern die Veränderung sozialer Verhaltensformen war das Entscheidende. Dass Menschen trotz radikaler Einschränkungen solidarisch und konstruktiv bleiben konnten, gab den Ausschlag. Die human-soziale Intelligenz hat geholfen. Die vielgepriesene Künstliche Intelligenz, die ja bekanntlich alles lösen kann, hat dagegen in Sachen Corona nur begrenzt gewirkt.

Matthias Horx “ Die Welt nach Corona“ in Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Bas Kast – Wie sollen wir nach Corona leben

Nicht nur Horx, auch bspw. Bas Kast (den meisten durch seinen Ernährungskompass bekannt, mir allerdings schon seit XX Jahren auf dem Schirm, da er eine Reihe an sehr gut recherchierten Büchern zu diversen wissenschaftlichen Themen publiziert hat (siehe mein Artikel Lernen von genialen Denkern)

Bas Kast klagt dabei vor allem an, wie wir bisher mit unserer Umwelt, dem Planeten, den Tieren… umgegangen sind und hofft auf eine Zäsur

Wollen wir zurück in dieses alte System, das uns die derzeitige Krise beschert hat, die wahrscheinlich »nur« ein Vorgeschmack auf weitaus tiefgreifendere, noch tödlichere hausgemachte Katastrophen ist? Oder entdecken wir uns selbst in dieser Krise neu? Wird es bald wieder business as usual geben, oder bleibt etwas haften von der Erfahrung, die wir in diesen Tagen machen?

Bas Kast „Wie wollen wir nach Corona leben“ in Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Gerd Gigerenzer – Risikokompetenz

Vor allen Dingen in den ersten Wochen konnte ich deutlich wahrtnehmen, dass die Menschen nicht nur verunsichert waren, sondern tatsächliche Ängste auslebten. Dies wurde durch die Unsicherheit befördert, aber auch durch die mangelnde Risikokompetenz.

Diese unverhältnismäßige Angst vor Schockereignissen ist zum Glück nicht in unseren Gehirnen verankert. Daher ist die Risikokompetenz so wichtig. Wir müssen die Mathematik der Ungewissheit lernen, also statistisches Denken. Nur so können wir die Risiken verstehen, denen wir begegnen, und mit ihnen umgehen.

Zur Risikokompetenz gehört es auch zu verstehen, warum wir fürchten, was wir fürchten. Ein Verständnis für die Ungewissheit und für unsere Psyche gehen sogar Hand in Hand. Angst sichert unser Überleben. Das Objekt der Angst aber, also wovor wir uns fürchten, müssen wir verstehen lernen, und dies geschieht oft über soziales Lernen: Indem wir beobachten, wovor andere Menschen Angst haben. Ein Beispiel sind Hamsterkäufe.
[…]Zu einer besseren Risikokompetenz gehört es jetzt, mehr mitzudenken und das Verhalten so zu ändern, dass das Virus wenig Möglichkeit hat, sich auszubreiten. Also, informiert und entspannt statt ängstlich und panisch zu handeln. Wir müssen das Virus verstehen: Es läuft nicht, es springt nicht, sondern wir verbreiten es. Entsprechend müssen wir handeln. Und uns dabei erinnern, dass man eine Krise gemeinsam bewältigen muss – also solidarisch statt egoistisch handeln. Mit einer verbesserten Risikokompetenz können wir Bürger lernen, die richtigen Fragen zu stellen, und Politiker, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Gerd Gigerenzer „Corona, SARS und Schweinegrippe: Warum wir mehr Risikokompetenz brauchen in Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Yuval Noah Harari – Die Welt nach dem Coronavirus

Darüber hinaus auch noch Gedanken vom genialen Autoren Yuval Noah Harari, der uns die menschliche Entwicklung in seinem grandiosen Werk „Eine kurze Geschichte der Menschheit: Der Weltbestseller aktualisiert und farbig illustriert“ erklärte und nun die Lösung in globaler Zusammenarbeit sieht.

Wir müssen uns entscheiden. Wollen wir den Weg der Uneinigkeit gehen, oder entscheiden wir uns für globale Solidarität? Wenn wir uns für die Uneinigkeit entscheiden, dann wird dies nicht nur diese Krise verlängern, sondern in Zukunft wahrscheinlich noch schlimmere Katastrophen zur Folge haben. Und wenn wir uns für globale Solidarität entscheiden, dann bedeutet das nicht nur einen Sieg gegen das Coronavirus, sondern gegen alle künftigen Epidemien und Krisen, die die Menschheit im 21. Jahrhundert heimsuchen könnten.

Yuval Noah Harari „Die Welt nach dem Coronavirus“ in Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Reinhard K. Sprenger – Gesundheit vs. Freiheit

Reinhard K. Sprengers Werk verfolge ich schon seit meinem ersten Studium (BWL) und achte ihn sehr für seine klaren, allerdings oft sehr konfliktären Analysen und reflektierten Ausführungen (auch wenn ich nicht all seinen Schlüssen zustimme).

In seinem Aufsatz „Schuldloses Verschulden – Der Konflikt zwischen Gesundheit und Freiheit“ zeichnet er einen Konflikt zwischen Alt und Jung, aber auch zwischen denen, die der verbreiteten Ideologie folgen und denen, die sich trauen, anders zu denken.

Die Milchglasscheibe, der offene Ausgang, die ethische Gleichwertigkeit, die unkalkulierbare Konsequenz – das ist es, was zur Entscheidung drängt […]

Es ist eine Ermutigung, nachzudenken und ethische neben all die anderen relevanten Maßstäbe zu setzen, um dann überhaupt die Möglichkeit einer WAHL zu haben. Denn er unterscheidet Entscheidung vs. Wahl. Entscheidungen müssen oft (aufgrund des Zeitdrucks) spontan getroffen werden, doch erst durch eine Möglichkeit zur Wahl hat, entsteht Freiheit.

Eine Wahl basiert auf Fakten, messbar und bewertbar. So wird eine Wahl begründbar.

Die in der Inszenierung von Alternativlosigkeit nicht nur einen Anschlag auf die menschliche Intelligenz erkennen, sondern auf unsere Freiheit schlechthin. Solche, die Dilemmata sehen, sie entscheiden und den Widerstand aushalten, der jeder Führung entgegenschlägt, die ihren Job macht. Es sind jene, die sich in Konflikten die Hände schmutzig machen, wenn das Leben weitergehen soll. Damit der Ausnahmezustand nicht das Virus ist, durch das sich die Freiheitsvernichtung im politischen Körper ausbreitet.

Reinhard K. Sprenger „Schuldloses Verschulden – Der Konflikt zwischen Gesundheit und Freiheit“ in Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Tipps vom Hirnforscher Martin Korte

Zum Abschluss noch ein paar ermutigende Analysen des Hirnforsches Dr. Martin Korte

  • Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein einer realen Krise sind bzw. waren, die einen Wendepunkte im persönlichen wie im staatlichen Miteinander darstellt. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, was uns vorher wichtig war an Persönlichkeitsrechten und am Umgang mit Gefahren.
  • Wir brauchen Geduld, um wieder Nähe zu anderen zu suchen und akzeptieren zu können, aber auch Geduld, um erstmal zu den meisten Menschen Abstand zu halten. Besuche und vor allem Reisen sollten wir nur in reduzierter Form durchführen.
  • Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen für das, was wir tun und womöglich auch unterlassen zu tun. Hier helfen nicht nur Verordnungen und Gesetze.
  • Wir müssen flexibel und kreativ sein, um die nächsten Wochen und Monate aktiv zu gestalten, zum einen um weiter als Handelnde den Stress weniger stark zu empfinden, zum anderen aber auch, da wir so wieder etwas an Autonomie im Kopf gewinnen, die uns erzwungenermaßen so lange genommen wurde.
  • Wir müssen von anderen lernen, sowohl privat wie auch als Nationalstaat. Leitfrage solle hier sein, was sind gute (und was schlechte) Vorbilder für uns und auch für unsere Kinder.

Unser Gehirn ist nicht an solche Extremsituationen „gewöhnt“, daher lohnt es sich, bewusst viel Zeit darin zu investieren, sich eben diese Gedanken zu machen und dann erst ins Handeln zu kommen.

  1. Neue Routinen etablieren: Eine tragfähige Tagesstruktur etablieren. Lassen sie sich Zeit, Geduld und Achtsamkeit helfen
  2. Nicht grübeln: Das ewige Nachdenken über Probleme führt am Ende nur zu weiteren Gedanken über Probleme und hilft beim Aufbau von Ängsten. Daher setzen Sie bewusst einen STOPP und fokussieren, was Sie stattdessen tun möchten – Arbeit, ein Gespräch mit Freunden oder positive Gedanken.
  3. Ein gutes Buch lesen und Sport treiben: Lesen trainiert das Arbeitsgedächtnis, was wiederum hilft, uns über längere Zeitabschnitte hinweg zu konzentrieren, achtsamer zu sein und assoziativ neue Lösungsansätze zu finden. Sport regt den gesamten Stoffwechsel an, baut Stresshormone wie bspw Cortisol ab und wirkt tatsächlich zusätzlich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit
    (vgl. Martin Korte Einsamkeit und Angst als soziale Schmerzen, und wie wir in Zeiten der Krise noch lernen können)

Lesetipp

Eine unbedingte Leseempfehlung hierzu ist das hier zitierte Sammelband Corona und wir: Denkanstöße für eine veränderte Welt

Erlöse dieser Anthologie gehen an das Sozialwerk des deutschen Buchhandels, das unverschuldet in Not geratene Buchhändler unterstützt 

Mit Beiträgen von Anne Applebaum, Jakob Augstein, Abhijit V. Banerjee, Nikolaus Blome, Luca d’Andrea, Thea Dorn, Ulrike Draesner, Esther Duflo, Gerd Gigerenzer, Matthias Glaubrecht, Stephen Greenblatt, Dana Grigorcea, Annett Gröschner, Yuval Noah Harari, Matthias Horx, Philipp Hübl, Bas Kast, Martin Korte, François Lelord, Geert Mak, Annette Mingels, Ian Morris, Mareike Ohlberg, Boris Palmer, David Quammen, Richard C. Schneider, Martin Schröder, Frank Sieren, Mark Spitznagel, Peter Spork, Reinhard K. Sprenger, Nassim Nicholas Taleb